Essige und Öle sind bei den meisten beinahe täglich im Einsatz. So richtig Gedanken um Inhaltsstoffe und Qualität jener machen sich aber wohl nur die wenigsten. Die Essig & Öl Compagnie will dies ändern. Das Familienunternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Aufklärung über Qualitätsunterschiede der Lebensmittel – speziell bei Olivenöl – zu betreiben und verkauft im eigenen Onlineshop daher jene qualitativ hochwertigen Varianten. Zu dem Sortiment der Essig & Öl Compagnie gehören, neben hochwertigen Essigen und Ölen auch hervorragende italienische Feinkost-Artikel wie Nudeln oder Salze.
Heute im Interview: Andrea Reiner, die über die Vision der Essig & Öl Compagnie berichtet und erzählt, warum sich die Investition in hochwertige Essig- und Ölprodukte lohnt und wie man diese von anderen auf dem Markt unterscheiden kann.
Mein Vater hat das Thema Olivenöl ziemlich forciert.
Die Essig & Öl Compagnie ist ein echter Familienbetrieb, deren Ursprünge bis ins Jahr 1990 zurück gehen. Was war die damalige Vision bei der Gründung und wie hat sich diese ggf. heute, durch Übergabe an Dich und Deinen Bruder, Bastian, verändert?
Meine Eltern führten bereits einige Jahre einen Großhandel für mediterrane Spezialitäten, als sie den Einzelhandel dazu nahmen. Öl und Essig waren damals bereits wichtige Produktgruppen. Um das Thema mehr an die Öffentlichkeit zu bringen und zudem direkt mit Kund*innen in Kontakt zu kommen, haben wir den Einzelhandel gegründet. Damals benutzte man Apfelessig (wenn es gut lief) und Sonnenblumenöl – mehr nicht. Wir haben also den Need für mehr Information erkannt und den Einzelhandel mehr als Marketingstrategie gegründet, statt mit der Intention, daraus Profit zu machen. Zudem haben wir dadurch vermehrt die Aufmerksamkeit von der Presse bekommen. Mein Vater hat das Thema Olivenöl ziemlich forciert.
Erst als mein Bruder und ich dazu kamen, haben wir uns überlegt, daraus ein profitables Geschäft zu machen. Was sich zu Beginn allerdings schwierig gestaltet hat. Während der Einzelhandel nämlich Probleme mit der versteckten Lage im Süden Münchens hatte, konnte sich unser Onlineshop erst später durchsetzen. Im Laufe der Zeit haben wir den stationären Einzelhandel in München aufgegeben und konzentrieren uns seit dem komplett auf unseren Onlineshop.
Jeden Tag in Eurer sogenannten “Vorratskammer” zu arbeiten – umgeben mit all den wunderbaren Produkten für ein genussvolles Leben – scheint verlockend. Was ist aus Deiner Sicht das Besondere an der Arbeit für die Essig & Öl Compagnie? Was sind ggf. auch Herausforderungen Deines Berufs?
Die Thematik des genussvollen Essens mit hochwertigen und echten Lebensmitteln ist natürlich an sich schon mal sehr schön. Auch wenn Handel vor allem Büroarbeit bedeutete, macht die Materie, mit der man handelt, schon einen sehr großen Unterschied. Ich könnte nichts anderes verkaufen. Unser Herz hängt an den Produkten, die wir vertreiben. Aber natürlich dreht sich auch unser Alltag nicht nur ums Essen. Wie bei jedem anderen Handelsbetrieb auch, dreht sich auch bei uns täglich vieles um dieselben trockenen Themen.
Ein Thema, was mich dabei persönlich aber oft bewegt ist, dass deutsche Verbraucher meist leider nicht bereit sind, den angemessenen Preis für eine gute Produktqualität zu zahlen. Wenn z. B. ein Olivenölhersteller den Preis erhöhen müsste, können wir das leider oft nicht weitergeben, weil das Produkt dann nicht mehr gekauft wird. Da gibt es dann immer langwierige Diskussionen. Das finde ich persönlich traurig. Damit haben wir leider immer zu kämpfen.
Ihr bietet viele verschiedene Essig- und Ölprodukte an. Wonach wählt Ihr aus, wenn es darum geht neue Hersteller aufzunehmen? Spielt Nachhaltigkeit dabei eine Rolle?
Hier gibt es einige Kriterien, die wir bei bei der Essig & Öl Compagnie dabei heranziehen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass wir generell sehr experimentierfreudig und begeisterungsfähig sind und vieles gerne mal ausprobieren.
Grundvoraussetzung ist allerdings immer, dass die Produkte, die wir verkaufen, gut schmecken! Dann prüfen wir, ob die Qualität stimmt, die Produkte möglichst natürlich sind, also keine künstlichen Aromen, Konservierungsmittel etc. enthalten. Wir möchten eine breite Range an Produkten anbieten, so dass für jeden Geldbeutel was dabei ist. Dabei achten wir natürlich auch bei den preisgünstigeren Produkten darauf, dass sie den oben genannten Kriterien entsprechen. Die hochpreisigen Lebensmittel unterscheiden sich dann dadurch, dass sie mit ganz besonderer Sorgfalt hergestellt werden (z.B. rein manuell gefertigte Produkte oder sehr ausgetüftelte, langwierige Herstellungsprozesse zugunsten der Qualität, lange Lager- und Reifezeiten, ganz besondere Auswahl der Rohstoffe, etc.).
Allgemein lässt sich aber sagen, dass bei der Herstellung hochwertiger Produkte, wie den unseren, gar nicht ohne eine gewisse Verantwortlichkeit gearbeitet werden kann. Obst, Gemüse, Oliven oder Nüsse müssen langsam reifen und so gut wie möglich vor Ort angebaut werden, die Böden so bearbeitet werden, dass Jahr für Jahr das Beste aus den Pflanzen zu holen ist. Da die Produkte frei von Geschmacksverstärkern sind, muss der Rohstoff an sich schon exzellent schmecken, um daraus ein aromatisches Produkt herzustellen. Kleine Hersteller müssen durch Ihre Qualität punkten, wenn sie gegenüber Großkonzernen überleben wollen. So haben wir einige Olivenöle im Sortiment, die nach Bio Standard hergestellt werden, so aber nicht deklariert werden, weil das Biolabel, gerade für kleine Hersteller, zu viel kostet. Wir dürfen das aber leider so nicht an den Endverbraucher weitergeben.
Zudem ist uns eine enge Beziehung mit Herstellern äußerst wichtig. Meist sind dies kleine bis mittelgroße Unternehmen. Wir glauben, dass nur durch ein gutes Miteinander ein gesundes Geschäft entstehen kann. So profitiert jede*r von jede*m und alle sind am Ende zufrieden. Daher tauschen wir nur ungern ein Produkt gegen ein anders aus. Die meisten unserer Lieferanten kennen wir daher persönlich und das schon seit Anfang der 1990er Jahre.
Da die meisten Olivenöle auf dem Markt, die zum kleinen Preis angeboten werden, meist minderwertig sind, fehlt oft der Geschmacksvergleich.
Essig und Öl sind Produkte, die in jedem Haushalt zu finden sind. Dabei greifen viele auf die Standardvarianten aus dem Supermarkt zurück. Warum lohnt es sich aus Deiner Sicht bei Essig und Öl auf qualitativ hochwertige Varianten zurückzugreifen?
Das wichtigste zuerst: der Geschmack. Wenn man qualitativ hoch- und minderwertige Produkte direkt miteinander vergleicht, merkt man den Unterschied meist sofort (besonders bei Essig und Nussölen). Häufig hat sich der Gaumen jedoch bereits so an die schlechte Qualität gewöhnt, dass man Qualität gar nicht erkennen kann. Das ist bei Olivenöl leider häufig der Fall. Da die meisten Olivenöle auf dem Markt, die zum kleinen Preis angeboten werden, meist minderwertig sind, fehlt oft der Geschmacksvergleich. Verbraucher*innen denken, Olivenöl müsse so wie dieses schmecken. Der herbe, pikante Geschmack von hochwertigem Olivenöl ist daher für viele beim Probieren erst mal ungewohnt oder sie meinen, dieses sei schlecht. Dabei ist genau das das Qualitätsmerkmal!
Zum Zweiten geht es dann natürlich um Gesundheit! Natürliche Produkte aus guten Rohstoffen, ohne Aroma, Konservierungsstoffe und ähnliches sind zweifelsohne gesünder.
Drittens kommen wir nochmal zum Thema Nachhaltigkeit. Auch wenn nicht alle Produkte Bio oder Fairtrade bei uns sind, ist bei der Herstellung hochwertiger Lebensmittel einfach eine ganz andere Arbeitsweise gefragt. Übrigens bedeutet Bio auch nicht automatisch eine gute Qualität der Rohstoffe.
Wer mehr zu Qualitätsmerkmalen von Olivenöl sowie zu Kriterien, anhand derer sich gepunchtes Olivenöl erkennen lässt erfahren möchte, schaut gerne in unserem Olivenöl-Ratgeber vorbei.
Woran erkenne ich hochwertige Essig- bzw. Ölprodukte? Was unterscheidet sie von weniger hochwertigen?
Um ein hochwertiges Essig- bzw. Ölprodukt zu erkennen, schaue ich mir stets folgende Kriterien an:
- Die Zutatenliste schaue ich mir immer als erstes an. Je weniger drauf steht, desto besser. Allerdings sagt diese nichts über die Qualität der Rohstoffe aus.
- Dann natürlich den Geschmack; Häufig schmeckt man bei qualitativ hochwertigen Produkten auch die einzelnen Rohstoffe besser heraus und diese sind intensiver im Geschmack. Wenn Produkte nur nach Gewürzen oder nach Zucker schmecken, bin ich stets skeptisch. Damit muss man nämlich den eigentlich nicht vorhanden Geschmack der Rohstoffe ausgleichen.
Sowas merkt man zum Beispiel sehr gut an Essigen. Wenn sie nur zuckersüß sind, dann waren keine guten Rohstoffe drin, bzw. sie wurden nicht lange fassgelagert, was z.B. bei einem Aceto Balsamico di Modena IGP Voraussetzung für Qualität ist. Ein billiger Aceto Balsamico di Modena IGP schmeckt einfach nur gezuckert, während ein gereifter Aceto Balsamico di Modena IGP Holzfassnoten haben und sämiger sein sollte. Hier sollte man darauf achten, dass auf der Zutatenliste kein Zucker oder Karamell Sirup genannt wird. Er sollte nur aus Eingekochtem Traubenmost und Weinessig bestehen und enthält natürlicherweise Sulfite. Auch bei Obst- oder Weinessigen gilt: Guter Obstessig ist einfach nur aus der reinen Frucht vergoren und muss sauer schmecken.
- Alle Öle, Olivenöle wie Nussöle sollten kaltgepresst werden, damit sie ihre hochwertigen Inhaltsstoffe bei der Erhitzung nicht verlieren. Wenn man aber die Rohstoffe nicht erhitzt, kommt weniger Öl raus! Also verdient man weniger Geld. Deswegen wird oft erhitzt. Nussöle schmecken dann leider auch recht gut, da durch die starke Röstung viel Aroma entsteht. Aber besser ist es langsam auf sehr niedrigen Temperaturen zu rösten.
Ein Spezialfall ist auf jeden Fall Olivenöl. Da weiß nämlich leider fast niemand, wie wirklich gutes Olivenöl schmecken muss. Und hier sind die Qualitätsunterschiede drastisch! Zum einen wird im Olivenölbereich heute, wie jeder weiß, viel betrogen und gepuncht. Außerdem sind die EU-Normen für kalt gepresstes Olivenöl recht tolerant.
Ein Beispiel: Eines der vielen Qualitätsmerkmale für kalt gepresstes Olivenöl ist der Säuregrad, der laut EU-Verordnung bis zu 0,8 % hoch sein darf. Je niedriger dieser Säuregrad jedoch ist, desto qualitativ besser ist ein Öl. Um einen niedrigen Säuregrad bei der Pressung zu erhalten ist von Herstellerseite allerdings ein hoher Aufwand und große Sorgfalt von Nöten.
Bei der Essig & Öl Compagnie führen wir nur Öle mit möglichst niedrigem Säuregrad. Unsere Spitzenöle haben mit 0,1 % den niedrigsten Säuregrad, den man überhaupt erzielen kann. Und auch keines unserer „preisgünstigeren“ Öle hat nach der Pressung mehr als 0,4 %. Das heißt wir befinden uns in jedem Fall auf einem überaus hochwertigen Niveau bei allen unseren Olivenölen. Günstige Varianten bieten wir nur an, um damit zu kochen und zu braten. Wer mehr zu Qualitätsmerkmalen von Olivenöl sowie zu Kriterien, anhand derer sich gepunchtes Olivenöl erkennen lässt erfahren möchte, schaut gerne in unserem Olivenöl-Ratgeber vorbei.
Zuletzt noch etwas Persönliches: Bei der Essig & Öl Compagnie geht es täglich um das Thema Genuss. Was bedeutet Genuss für Dich? Und welche Rolle spielt Kochen bzw. gutes Essen in Deinem Leben?
Ich mag es, Gesundheit und Genuss unter einen Hut zu bringen. Gesund und lecker müssen keineswegs Gegensätze sein. Ich finde, eine bewusste Ernährung kann gleichzeitig auch sinnlicher Genuss sein. Mich haben immer schon gesundheitliche Aspekte der Ernährung interessiert. Schon als ich noch sehr klein war. Wenn meine Mutter gesagt hat, das Essen sei gesund, habe ich immer klaglos den Mund aufgemacht.
Der wichtigste Aspekt meiner Ernährung ist die Qualität (!) der Produkte. Denn auch Schokolade, Chips und Hamburger können durchaus aus recht ordentlichen Zutaten bestehen. Daher mache ich bei Zutaten eher keine Kompromisse.
Beim Kochen muss es bei mir immer schnell gehen – trotzdem gibt es niemals irgendwas Fertiges bei uns. Alles muss frisch sein. Aber gottseidank gibt es ja super vieles, was man schnell zubereiten kann, z.B. Salate in allen Variationen, besonders weil ich dann viel Olivenöl verwenden kann. Das ist nämlich mein Lieblingsessen. Bei mir schwimmt der Salat in Öl.
Weitere Interviews mit spannenden Food-Gründer*innen gefällig? Lies hier ein Interview mit Amelie und Timo von heyqnut.