Während sich viele Fair Fashion Labels seit Jahrzehnten auf möglichst zeitlose, gut kombinierbare Kollektionen konzentrieren, vermissen wir viel zu häufig doch diese speziellen, bunten, lauten Pieces und vor allem die Abwechslung, die Fast Fashion bietet. Unnachaltiger Konsum oder der Verzicht auf extravagante Pieces schienen lange Zeit die einzigen Varianten zu sein.
Dass es dafür ein besseres Konzept geben muss, haben sich auf Carmen und Sonja von CLOTHESfriends gedacht und die Lösungsfindung kurzerhand selbst in die Hand genommen. Das Ergebnis: eine Fashion Rental App, auf der Kleidung für einen bestimmten Zeitraum oder für bestimmte Anlässe geliehen werden kann. Kleidung mieten statt kaufen ist die Devise. Dieses Konzept ermöglicht es, Abwechslung im Kleiderschrank mit Nachhaltigkeit zu vereinen. We like!
Wir wollten von CLOTHESfriends wissen, welche Vorteile ihr Fashion Rental Service bietet, wie das Miet-Modell funktioniert und welche nächsten Steps anstehen, um den Konsum von Fashion zu revolutionieren.
Mit CLOTHESfriends zeigen wir, dass man für nachhaltigen Konsum keine Kompromisse eingehen muss.
Carmen und Sonja, ihr habt CLOTHESfriends gemeinsam im Oktober 2020 gegründet. Was hat Euch dazu bewegt, ein Fashion-Tech-Startup zu gründen? Was ist die Vision dahinter?
Jede Sekunde landet die Ladung eines Lastwagen gefüllt mit Kleidern und Schuhen auf Mülldeponien. Dieser Fakt und die immer tiefere Auseinandersetzung mit den Hintergründen der Modeindustrie hat uns damals in der Uni buchstäblich die Illusion der vermeintlich glamourösen und traditionsreichen Modewelt platzen lassen.
Wir konnten und wollten nicht mehr dabei zusehen, wie die Schnelllebigkeit der Fast Fashion Industrie die Umwelt immer weiter verschmutzt; wie Menschen in Textilfabriken unter den schlechten Arbeitsbedingungen leiden, damit wir hier T-Shirts für 5 Euro kaufen können; und wie sich die Mülldeponien in Drittweltländern auftürmen, nur weil wir hier im Westen denken: „diesen Trend will ich auch unbedingt mitmachen“.
Doch eben genau weil wir Mode für das schätzen, was sie eigentlich ist – Ausdruck der Persönlichkeit, Spaß, Kreativität und ein Spiegel der Gesellschaft – wollten wir eine Lösung schaffen, bei der man nicht auf den Spaß und die Abwechslung verzichten muss, den wir gewohnt sind.
Mit CLOTHESfriends revolutionieren wir die Art, wie man Kleidung konsumiert, trägt und fühlt. Durch die Verbindung von Tech und dem Mieten von Kleidung als neue Shopping-Experience vereinen wir Konsument*innen und Fashion Brands mit unserer App (für Apple und Android) auf einer digitalen Plattform und geben damit den zwei zentralen Treibern der Modeindustrie die Möglichkeit, Teil der Veränderung zu sein, die einen nachhaltigen, unkomplizierten und abwechslungsreichen Zugang zu Mode und Trends ermöglicht. Mit CLOTHESfriends zeigen wir, dass man für nachhaltigen Konsum keine Kompromisse eingehen muss – und dass man durch das Mieten nicht nur Ressourcen spart, sondern gleichzeitig eine noch größere und sinnvollere Vielfalt von Mode genießen kann.
War das Konzept von Kleidung mieten vor einigen Jahren undenkbar, findet der Gedanke an Circular Fashion zunehmend Anklang. Kein Wunder also, dass es mittlerweile eine Vielzahl an unterschiedlichen Plattformen zum Kleidung mieten gibt. Was unterscheiden Euch von anderen Plattformen?
CLOTHESfriends ist eine Everyday-Solution, die so persönlich wie vielseitig ist. Ob zum Brunch mit der besten Freundin, zur Party auf der Rooftop-Terrasse oder zum Spazieren am Sonntagnachmittag, wir bieten diese Auswahl, die zur Tagesform unserer User*innen passt und mit der sie sich immer neu ausprobieren können. Deshalb ist es für uns besonders wichtig, dass unser Angebot eine Kombination aus aktuellen Trends und Klassikern ist, die sich für Everyday-Looks als auch Anlässe anbieten. Wir sehen bei vielen Plattformen, dass sie sich auf Anlass- oder High-End Designermode fokussieren. Bei uns spielen diese Faktoren eine untergeordnete Rolle, da wir mehr Wert auf das Storytelling, die Wandelbarkeit und den Trend-Gedanken legen.
Diese Werte haben uns auch dazu bewegt, ein Angebot von User*innen, die ihre Kleidung und Accessoires auf der App vermieten, mit einer Auswahl von selektierten Fashion Brands zu kombinieren, während sich andere Plattformen eher auf das eine oder andere Angebot ausrichten.
Dem Alltagsgedanken entspricht schließlich auch unser Rent-to-own Feature, was uns von anderen Rental Plattformen in gewisser Form unterscheidet. Auf das Feedback unserer Community hin haben wir gemerkt, dass man sich während der Miete oft in gewisse Pieces verliebt, die man gerne behalten würde. Mit dem Rent-to-own Feature bieten wir nun die Möglichkeit, einzelne Produkte in der Miete abzukaufen und ermöglichen so den bewussten Kauf im Gegensatz zum Impulskauf. Wenn man nach einer Weile merkt, dass man das Piece doch nicht mehr so oft trägt, kann es mit der Re-Upload Funktion mit nur wenigen Klicks wieder in die App hochgeladen werden.
©Mirjam Hagen
An welche Zielgruppe richtet Ihr Euch mit CLOTHESfriends?
Unsere größte Nutzergruppe ist aktuell die Generation Z. Das spiegelt sich auch in unserer Ansprache, die sich vorrangig an diese Zielgruppe richtet, die sich Sharing-Konzepte bereits aus dem Alltag gewohnt sind. Von Car-Sharing bis Airbnb – die Generation Z ist mit Circular Economy Konzepten vertraut und zeigt sich auch am engagiertesten beim Kampf gegen den Klimawandel sowie einer großen Offenheit für neue Konzepte, die einen Wandel der gewohnten Konsumentscheidungen bedeuten. Durch unser Angebot und setzt sich unsere Zielgruppe vor allem aus trendorientierten und modebewussten Kund*innen zusammen, die sich auch immer mehr Gedanken zum bewussten Konsum und einem nachhaltig orientierten Lebensstil machen.
Gleichzeitig richten wir uns an nachhaltig orientierte Fashion Brands. Wir bieten ihnen eine komplette Lösung für Fashion Rental as a Service und geben ihnen dadurch den Zugang zur Circular Fashion Economy. Gleichzeitig erreichen unsere Partnerbrands eine junge Konsumentengruppe, die ihre Produkte sowie Werte auf eine zugängliche Art und Weise kennenlernt. Aus diesem Grund ist ein starkes Community- und Brand Building für uns essenziell. Sprich, wir teilen die Geschichten und Philosophien der Fashion Brands mit unseren Nutzer*innen, dass sie sich stärker mit der Plattform und CLOTHESfriends identifizieren können.
Das Vermieten eignet sich deshalb perfekt für diese Kleider, die man nicht unbedingt hergeben möchte, aber doch nicht so oft anzieht – einfach gesagt: wir teilen unsere Kleiderschränke.
Selbst wer Kleidung bewusst konsumiert und nur sehr ausgewählt neue Piece kauft, hat sicherlich doch Kleidungsstücke im Schrank, die in die Kategorie “will ich (noch) nicht verkaufen, trage ich aber viel zu selten” fallen. Genau dafür das Vermieten der Pieces ja eine hervorragende Option dar. Wie kann man sich das Vermieten nun vorstellen? Kannst Du einmal alle, die nun ebenfalls überlegen, ihre Kleidung über CLOTHESfriends zu vermieten, durch den Prozess führen?
Grundsätzlich funktioniert es ganz einfach, wie wenn man ein Foto auf Instagram hochladen würde. Man lädt sich die App runter und nachdem der Account erstellt ist, legt man sich einen Vermieter-Account an – hier werden die Kontodaten hinterlegt, sodass die Einnahmen von jeder Miete auch automatisch auf das Konto ausbezahlt werden. Wenn man die Details einmal hinterlegt hat, kann es losgehen: Der Upload startet mit der Foto-Auswahl – hier geben wir Empfehlungen ab, aber man kann auch gut Fotos verwenden, die man noch auf Vorrat hat. Im Anschluss geht es über zur Produktbeschreibung und der Festlegung des Preises – auch hier geben wir Empfehlungen basierend auf dem Originalpreis. Zum Schluss kann man bestimmen, ob man das Produkt neben dem Mieten auch zum optionalen Kauf anbieten möchte. Für jedes Produkt hat man eine Absicherung, dass bei Flecken oder Schäden die Reparatur bzw. die Reinigungskosten komplett übernommen werden. Hierzu bieten wir dem Mieter für jedes gemietete Produkt eine Grundversicherung und optionale Zusatzversicherungen.
Solange Produkte nicht gemietet sind, bleiben sie bei den Vermieter*nnen. Das Vermieten eignet sich deshalb perfekt für diese Kleider, die man nicht unbedingt hergeben möchte, aber doch nicht so oft anzieht – einfach gesagt: wir teilen unsere Kleiderschränke. Sobald jemand eine Mietanfrage stellt, kann man als Vermieter*in die Reservierung bestätigen oder ablehnen. Je nachdem, ob die Miete lokal oder per Postversand angefragt wurde, gibt die App Anweisungen, wann und wo man das Produkt abgeben bzw. zur Post bringen muss und wann die Rücknahme bzw. Rückgabe bevorsteht. Die Reinigung im Anschluss liegt aufseiten des Vermieters oder der Vermieterin. So können wir sicherstellen, dass man als Besitzer selbst entscheiden kann, wie man das Piece reinigen möchte und dem Mieter geben wir wiederum die Freiheit, ein Piece unkompliziert und ohne Verpflichtung auf eine Reinigung vor der Rückgabe zu mieten.
Nachdem die Miete abgeschlossen ist, bewerten sich beide Seiten im Rating-System – dieses Feedback ist uns für den Aufbau der Community besonders wichtig.
In der App finden sich aktuell Kleidung, Taschen, Schuhe und Accessoires zum Mieten. Denkt man einmal darüber nach, welches Kleidungsstück wohl das am wenigst genutze im Kleiderschrank ist, liegt der Gedanke an Tracht nicht fern. Denn seien wir mal ehrlich: häufiger als ein bis zweimal im Jahr kommt diese nun wirklich nicht zum Einsatz. Und ob die letztjährige Variante noch passt, ist eine andere Frage. Plant Ihr auch hierfür ein Vermiet-Modell?
Dazu sagen wir nur: CLOTHESfriends goes Wiesn! Da habt ihr absolut recht und wir freuen uns sehr, dieses Jahr endlich ein Special zum Oktoberfest machen zu können. Denn ob man selbst einmal neue Dirndl oder Lederhosen ausprobieren möchte oder wenn man als Gast aus einer anderen Stadt keine Tracht besitzt – das Oktoberfest eignet sich wirklich perfekt zum (Ver-)Mieten. Wir werden demnächst eine breite Auswahl an Tracht speziell hervorheben und ab dem 17. August startet unser Wiesn Pop-up im Capricorn Store, in dem man Tracht vor Ort direkt mieten kann.
Für alle, die einen vollen Kleiderschrank mit Dindl, Lederhosen und Co. haben, können wir nur raten: Das Vermieten lohnt sich! Man kann sich nicht nur ganz gut nebenbei was dazu verdienen, seit Mitte August haben wir dazu ein Angebot auf der App, bei der wir CLOTHESfriends-Gutscheine im Wert von 20 EUR für jedes erste hochgeladene Produkt in der Kategorie Tracht geben.
Wir merken aktuell ein wachsendes Bewusstsein für Fashion Rental, das durch das allgemeine Umdenken in Richtung eines bewussteren und nachhaltigeren Lebensstils gestärkt wird.
Welche Hürden gab es im Rahmen der Unternehmensentwicklung zu überwinden? Beispielsweise in Bezug auf die Entwicklung der Fashion Rental App oder bei der Miete von gebrauchter Kleidung? Was ist Euer Plan für die Zukunft? Gibt es noch Ansätze, die Ihr verfolgen wollt, um die Art des Shoppings für Eure Nutzer*innen zu revolutionieren?
Ein Unternehmen von null aufzubauen, ist wohl ein reiner Hürdenlauf – manche sind größer, manche kleiner. Aber genau das macht die Entwicklung aus. Eine der entscheidenden Herausforderungen war für uns anfangs tatsächlich die Definition hinter dem Mietprozess auf technischer Ebene. Da wir unseren User*innen eine unkomplizierte User-Experience bieten möchten, sind unsere Abläufe sehr komplex und es war nicht ganz einfach, die Abhängigkeiten von Mieter*in und Vermieter*in in einen Code zu übersetzen. Die Weiterentwicklung der App ist mit immer wieder neuen Features und der Verbesserung der aktuellen Funktionen ein laufender Prozess. Doch es war nicht ganz einfach, dafür eine solide technische Basis zu schaffen.
Bei der Offenheit und der Bereitschaft für das Mieten von Kleidung ist die Wahrnehmung aktuell sehr verschieden – während die einen sehr offen sind oder schon mehrfach Mode gemietet haben, ist das Konzept für andere noch neu und ungewohnt. Wir merken aktuell ein wachsendes Bewusstsein für Fashion Rental, das durch das allgemeine Umdenken in Richtung eines bewussteren und nachhaltigeren Lebensstils gestärkt wird. Deshalb ist es uns sehr wichtig, in Zukunft großen Wert auf die Kommunikation, die Auswahl der App und auf die User Experience zu legen. Ob man als User*in etwas zum ersten Mal mietet oder bereits ein Power Renter ist – unser Ziel ist es, Fashion Rental besser als das gewöhnliche Shopping zu machen und dabei ein Bewusstsein zu schaffen, warum Circular Fashion langfristig nicht nur die sinnvollste Lösung ist, sondern einen tatsächlichen Impact schafft.
Was die Zukunft angeht, möchten wir natürlich noch nicht allzu viel verraten. Wir haben auf jeden Fall noch einiges auf dem Plan, wie wir die Modeindustrie verändern und in eine zirkuläre Richtung lenken. Dazu sehen wir in naher Zukunft ein enormes Potenzial darin, Konsument*innen und Fashion Brands auf Augenhöhe zusammenzubringen – digital, lokal und darüber hinaus.
Über allen Zielen und Plänen liegt es uns aber am meisten am Herzen, dass wir eine Community aufbauen, mit der wir CLOTHESfriends gemeinsam weiterentwickeln. In einem unserer ersten Interviews haben wir gesagt, dass wir mit CLOTHESfriends einen unendlichen Kleiderschrank bieten möchten und wir uns vorstellen, dass jede*r seine*ihre bewusst ausgesuchten Basics besitzt und das dazu mietet, auf das man gerade Lust hat, was man braucht oder ausprobieren möchte. Dass man sich jeden Tag wohl in seinem Outfit fühlt – nicht nur weil es richtig cool aussieht, sondern weil man auch voll und ganz dahinter stehen kann.