Wer bereits einmal intensiver die kleinen Schilder in seinen Kleidungsstücken studiert hat, dem sind vielleicht die Hinweise darauf aufgefallen, dass die Kleidung in China, Bangladesch oder Kambodscha hergestellt wird. Viele wissen nun auch, dass dies in den meisten Fällen mit negativen Auswirkungen einher geht; dafür haben immerhin Reportagen über die Herstellung von Billigkleidung oder Artikel über die Produktionsweisen von H&M, Zara Co. für Aufklärung gesorgt.
So richtig mit den Folgen der Produktion auseinandergesetzt wird sich in unserer Konsumgesellschaft allerdings oftmals nicht. Viel zu häufig werden beim Kauf die Augen vor sozialen und ökologischen Konsequenzen verschlossen.
Jedes Jahr werden bis zu 48 Millionen Tonnen Textilien entsorgt und landen somit im Müll. Kurz gesagt: Wir sprechen von rund 73 Prozent an Textilien, die auf der Mülldeponie landen. Eine Zahl, so ungreifbar. Unweigerlich stellt sich die Frage, wie eine solche Menge an Textilmüll zustande kommen kann. Immerhin entsorgen wir ja nicht täglich unseren gesamten Kleiderschrank.
Bedauerlich ist: Allein 10 bis 30 Prozent dieser so genannten Textilabfälle entstehen bereits bei der Produktion unserer Kleidung und werden als Verschnitt aussortiert. Da die Industrie mit diesen Resten wenig anfangen kann, landen sie auf der Mülldeponie oder werden sogleich verbrannt.
Einige Hersteller haben darauf reagiert und Kollektionen angeboten, die diesen Negativ-Kreislauf durchbrechen: Fair Fashion. Fair Fashion ist in der einst so engstirnigen Modeindustrie schon seit einigen Jahren zu beobachten, aber so richtig ernst genommen wird es erst seit vier bis fünf Jahren. Wenn es um Mode geht, ticken die Uhren vieler Hersteller nach wie vor noch ganz anders: billige Preise, unfaire Bedingungen und weitere negative Aspekte. Mit welchen sozialen und ökologischen Auswirkungen Fast Fashion einhergeht, inwieweit Fair Fashion hier einen Lösungsansatz bietet und wie man Kleidungsstücke möglichst nachhaltig und fair einkauft, haben wir in diesem Guide zusammengetragen.
Das Dilemma: Fast Fashion
Den Begriff Fast Fashion liest man mittlerweile vielerorts. Fast Fashion steht für mehr Kleidung, die viel schneller und zu einem Bruchteil der Kosten hergestellt wird. Das Ergebnis ist eine Flut von billiger Kleidung, die meist schnell auf Mülldeponien landet. Ja, Kleidung ist recycelbar, jedoch übersteigt die produzierte Menge bei weitem die Kapazitäten. In Zahlen ausgedrückt, werden jedes Jahr 150 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt – das sind mehr als 20 neue Kleidungsstücke pro Person pro Jahr.
Das “Fast” in Fast Fashion spricht Bände. Die Zeit, die für die Herstellung eines Kleidungsstückes verwendet wird, ist nur noch ein Bruchteil dessen, was früher einmal notwendig war. Im Durchschnitt umfasst der gesamte Produktionsprozess lediglich noch einen Zeitraum von fünf Wochen. Dazu zählen das Nähen der Kleidung sowie das anschließende Färben der Textilien ebenso wie der Export. Diese hohe Geschwindigkeit hat Konsequenzen: die Arbeitsbedingungen im Rahmen der Produktion, die Qualität der Kleidungsstücke, sowie weitere Faktoren, wie beispielsweise Umweltfaktoren, leiden darunter. Um so günstig und schnell wie möglich produzieren zu können, muss die Produktion ausgelagert werden. Bekanntlich wird die meiste Fast Fashion in Entwicklungs- sowie Niedriglohnländern produziert.
Die Bedingungen
Ein trauriges Beispiel ist die Tragödie, die sich am 24. April 2013 ereignete. Der Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes in Bangladesch, in dem fünf Bekleidungsfabriken untergebracht waren. Mindestens 1 132 Menschen wurden getötet und mehr als 2 500 verletzt. Nur fünf Monate zuvor waren bei einem anderen tragischen Unfall mindestens 112 Arbeiter*Innen ums Leben gekommen, die in einer brennenden Modefabrik am Rande derselben Stadt eingeschlossen waren.
Diese Katastrophen, welche zu den schlimmsten Industrieunfällen in der Geschichte gehören, machten die Welt auf die schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam, denen die Beschäftigten in der Konfektionsindustrie in Bangladesch ausgesetzt sind.
Für einen der niedrigsten Löhne der Welt sind Millionen von Menschen, die meisten von ihnen Mädchen und Frauen, täglich einer unsicheren Arbeitsumgebung mit einer hohen Zahl von Arbeitsunfällen und Todesfällen sowie Berufskrankheiten ausgesetzt.
Die Umwelt
Bei der Herstellung konventioneller Kleidung werden Umweltaspekte vollständig außer Acht gelassen. Dies führt zu einem hohen Ressourcenverbrauch und zur Verschmutzung unserer Umwelt. In der Mode- und Textilbranche trägt das Färben und die Endbearbeitung (die Verfahren, bei denen Farbe und andere Chemikalien auf die Stoffe aufgetragen werden) am meisten zum Klimawandel bei. Es handelt sich dabei um einige der umweltschädlichsten industriellen Prozesse der Welt. Die beim Färben anfallenden Abwässer verschmutzen den Grundwasserspiegel und gelangen in Flüsse und Meere. Darüber hinaus wird es zur Bewässerung von Feldern verwendet. Die Modeindustrie ist mit einem jährlichen Wasserverbrauch von rund 79 Milliarden Kubikmetern die zweit wasser-intensivste Branche der Welt.
Ohne Konsument*Innen, welche Marken zu einem anderen Wasserverbrauch drängen, oder enge Zusammenarbeit mit Herstellern, die sie bei der Umsetzung dieser Maßnahmen unterstützen, wird es keine Veränderungen geben. Daher ist es dringend an der Zeit, diese Muster zu durchbrechen.
Wenn wir all diese Informationen auf uns wirken lassen, stehen wir zunächst vor einem Problem. Woher sollen wir wissen, was nachhaltig und ethisch ist? Zumal uns viele Hersteller mittlerweile versuchen zu vermitteln, Kollektionen seien “nachhaltiger” oder “conscious” hergestellt. Woher wissen wir also, welchen Kennzeichnungen wir wirklich vertrauen können? Zudem wollen wir aber auch nicht darauf verzichten, unsere Persönlichkeit durch Kleidung nach außen tragen zu können.
Der Lösungsansatz: Fair Fashion
Fair Fashion ist das Pendant zur Fast Fashion. Es ist eine Bewegung, ein Prozess, der die Transformation der Herstellung von Kleidungsstücken und des Modesystems fördert. Kleidungsstücke werden dann als “Fair Fashion” eingestuft, wenn bei der Produktion das Wohlergehen von Mensch und Umwelt im Vordergrund steht.
Für die Hersteller*Innen nachhaltiger Mode ist es an der Tagesordnung, bewusster zu gestalten und zu produzieren. So steht der Begriff Fair Fashion für faire und sichere Arbeitsbedingungen der Näher*innen in Produktionsländern, kurze Transportwege, den Einsatz von natürlichen (biologisch abbaubaren) oder recycelten Materialien und den Verzicht auf giftige Stoffe.
Fair Fashion ist dabei viel mehr als nur Produkte und Produktionsbedingungen. Es symbolisiert eine Denkweise und einen Wandel hin zu mehr Verantwortung gegenüber den Menschen, die Kleidung herstellen, und unserer Umwelt. Mit der aktiven Auseinandersetzung von Produktionsweisen entwickelt sich gleichzeitig auch ein bewusster Umgang mit Mode und ein kritisches Denken gegenüber unreflektierten Konsum. Dadurch hinterfragen wir unser eigenes Kaufverhalten und konsumieren Mode bewusster, nachhaltiger und gewissenhafter. Das ist, was Fair Fashion ausmacht: bewussterer Konsum von Kleidung.
Auf den Punkt gebracht: Faire Mode ist qualitätsorientierter und sich der Auswirkungen ihrer Produkte auf Gemeinschaften und Ökosysteme bewusst.
Fair Fashion vs Fast Fashion: die 5 wichtigsten Unterschiede
Die Unterschiede der beiden widersprüchlichen Ansätze in der Modeindustrie werden vor allem dann klar, wenn man Unterschiede in fünf Kategorien vergleicht:
1. Entsorgung
- Fast Fashion bringt im Wochentakt neue Kollektionen auf den Markt und setzt aktuelle Modetrends, aufgrund der hohen Geschwindigkeit, inqualitativ minderwertigen Produkten um. Das Resultat: Kleidungsstücke überleben kaum mehr eine Saison, bevor sie weggeworfen werden.
- Fair Fashion hingegen setzt den Fokus auf die Langlebigkeit der einzelnen Kleidungsstücke und richtet sich aufgrund dessen kaum nach aktuellen Modetrends. Stattdessen sind die Kollektionen zeitlos und das Material der einzelnen Pieces so qualitativ ausgewählt, dass sie Jahre überdauern.
2. Löhne und Bedingungen
- Die meisten Fast-Fashion-Marken produzieren Kleidung in Entwicklungs- und Niedriglohnländern, in denen Arbeiter*innen meist weit unter dem Existenzminimum bezahlt werden. Sie werden nicht nur schlecht bezahlt, sondern arbeiten auch unter beengten und gefährlichen Bedingungen ohne jegliche finanzielle Absicherung.
- Fair Fashion Labels hingegen produzieren ihre Kollektionen in Fabriken, die Arbeiter*innen garantiert faire Löhne zahlen und sichere Arbeitsbedingungen schaffen.
3. Co2 und andere Treibhausgase
- Durch die Herstellung von Kunstfasern auf Erdöl-Basis, die Massenproduktion, den Transport rund um den Globus und die Zersetzung von Textilabfällen auf Deponien hinterlässt die Fast Fashion-Industrie einen unvorstellbar hohen CO2-Fußabdruck.
- Faire Mode hingegen setzt den Fokus auf die Verwendung von biologisch abbaubaren Materialien aus natürlichen oder recycelten Stoffen, dies ohne Pestizide oder Düngemittel beim Anbau, im Rahmen der Produktion wenig bis gar keine Chemikalien und bewusstes Verbrauchen beim Einsatz von Energie und Wasser.
4. Wasserverbrauch
- 7000 Liter Wasser verbraucht durchschnittlich die Herstellung einer Fast Fashion Jeans. Für das Waschen, die Herstellung, das Färben und die Endverarbeitung werden so Unmengen an Wasser verschwendet. Und das häufig in Ländern, in denen ohnehin bereits Trinkwasserknappheit herrscht. Das Grundwasser wird dabei allerdings nicht nur aufgebraucht, sondern im Rahmen des Produktionsprozesses auch mit giftigen Chemikalien verschmutzt.
- Nachhaltige Marken haben meist eine „Water on Budget“ -Richtlinie, die den Wasserverbrauch während der Produktion einschränkt. So werden Bio-Textilien eingesetzt, die im Rahmen des Produktionsprozesses eine deutlich geringere Wassermenge verbrauchen. Zudem kommen während der Produktion keine giftigen Chemikalien zum Einsatz, die anschließend ins Grundwasser gelangen könnten
5. Einsatz tierischer Materialien
- Bei den meisten Fast-Fashion-Labels sind Taschen, Schuhe und Verzierungen aus Leder Standard. Der Ursprung von Fellbesätze liegt meist auf Pelztierfarmen. Kein Wunder, sind diese doch immerhin billiger in der Produktion. Kosten sparen anstatt Moral.
- Fair Fashion Labels hingegen sind stets tierversuchsfrei und viele Labels setzten auf vollständig vegane Kollektionen. Alternativ werden recycelte Materialien tierischen Ursprungs, oder jene, von streng kontrollierten Herstellern, eingesetzt.
Möglichkeiten, Fair Fashion zu kaufen
Um das eigene reflektierte Kaufverhalten umzusetzen und bewusster einzukaufen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen gibt es mittlerweile eine große Auswahl an Fair Fashion Labels, welche ihre Kollektionen in Online-Shops oder physischen Stores präsentieren. Hier eignet es sich hervorragend, (wenn möglich) lokale Fair Fashion Geschäfte zu unterstützen und so das gewohnte Shopping-Erlebnis auf Fair Fashion zu übertragen.
Eine weitere Alternative ist das sogenannte Thrifting. Der Trend von Second-hand Shops scheint gerade in den letzten Jahren auch in Deutschland eine positive Entwicklung durchgemacht zu haben. So finden sich mittlerweile immer mehr Second-hand Stores, in denen es spannende Pieces zu entdecken gilt. Bei Second-hand handelt es sich um eine großartige Lösung, um den Lebenszyklus eines ohnehin bereits produzierten Kleidungsstückes zu verlängern.
Labels, die es zu entdecken gilt
Wenn es um Fair Fashion geht, halten sich die gleichen Vorurteile: Sie sieht öko aus und ist schwer zu finden. Wir von FREE MINDED FOLKS wollen Euch zeigen, dass Fair Fashion zeitlos ist und trotzdem modern und hipp aussieht.
Unsere Lieblingsmarken, wenn es um faire Mode geht, haben wir hier gesammelt:
Fair Fashion Brands
- Armed Angels: Nachhaltige Fashion Pieces
- GreenTee: Zeitlose Basics
- KUYICHI: Bio-Denim
- Ambiletics: Nachhaltige Sportswear
- LangerChen: Eco-Outdoorwear
- fitbuddhastyle: Unisex Pieces
Fair Fashion Kollektionen
- Nachhaltige Rücksäcke
- Die schönsten Eco-Mäntel für Herbst und Winter
- Nachhaltige Bademode
- Minimalistischer Kleiderschrank für Männer
- Fair Fashion Labels für Männer
- Nachhaltige Mütze
- Nachhaltiger Schmuck
- Nachhaltige Sonnenbrille
- Fair Fashion Brands von Fair-Influencer*Innen
- Faire und Nachhaltige Jeans
- Nachhaltige Yoga-Pants
- Nachhaltige Sneaker
Fair Fashion Brands in Städten
Fair Fashion Q & A
Frage:
Sind manche Stoffe nachhaltiger als andere?
Antwort:
Es gibt keine 100 % nachhaltigen Stoffe, aber einige sind in Sachen Nachhaltigkeit wesentlich besser als andere. Leinen und Bio-Baumwolle ist einer der besten natürlichen Stoffe, die es gibt. Sie wird ohne synthetische Düngemittel oder Pestizide angebaut und ohne Chemikalien verarbeitet. Der Anbau von Bio-Baumwolle ist aus ökologischer Sicht nachhaltiger als der von konventioneller Baumwolle, denn er verbraucht 62 % weniger Energie (und 88 % weniger Wasser) als konventionelle Baumwolle.
Frage:
Wie kann es sein, dass Fast Fashion meist so günstig ist?
Antwort:
Bedenkt man, dass von einem Fast Fashion T-Shirt, dass 29 Euro kostet, Näher*innen 0,18 Euro erhalten, wir schnell klar, warum diese geringen Preise zustande kommen können. Auf Basis von Unfairness. Der große Gewinner: Der Fast Fashion Konzern. Bei Fair Fashion hingegen gehen, auf das selbe Szenario übertragen, hingegen rund 5,80 Euro an Näher*innen. Die faire Verteilung des Umsatzes, der Rückgriff auch hochwertige Materialien und auch die geringere Stückzahl der einzelnen Kleidungsstücke und ganzer Kollektionen bildet sich letztlich im Preis ab.
Frage:
Woran kann ich erkennen, ob eine Modemarke nachhaltig ist?
Antwort:
In Deutschland gibt es viele Fair Fashion Siegel, an denen sich Verbraucher*innen orientieren können. Allerdings ist nicht immer ersichtlich, ob nur Mindeststandards erfüllt werden oder ob die Kriterien besonders streng sind. Das Siegel des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft gilt als eines der strengsten (IVN Best). Auch der Global Organic Textile (GOTS) Standard ist ein weltweit angewendeter Standard für die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern und damit ein weiteres wichtiges Textilsiegel. Sollte ein Kleidungsstück Geprüft nach dem Öko-Tex Standard 100 sein, so bedeutet, dass das Produkt auf eine Reihe von insgesamt 100 Schadstoffen, optische Aufheller oder ähnliches getestet wurde.
Letztlich lohnt es sich aber stets, sich auf der Website der Brand selbst über Materialien und Produktionsbedingungen zu informieren
Der eigene Beitrag im Movement
Täglich entscheiden wir mit unserer Kaufentscheidung, etwas Gutes zu bewirken und den Wandel hin zu einer fairer gestalteten Modeindustrie zu bewirken. Wir können einen Schritt in die richtige modische Richtung einleiten, indem wir versuchen sicherzustellen, dass unsere Kleidung unter sozial gerechten, ethisch korrekten und umweltfreundlichen Bedingungen hergestellt wird.
Du bist begeistert und willst mehr über das Fair Fashion Movement erfahren? Mehr Inspiration für Fair Fashion und nachhaltig Leben findet Ihr auf unserer Plattform.
5 Kommentare
Richtig cool! Ich würde mich sehr über Anregungen zu fairen Outfits freuen. Vielleicht für Silvester und Weihnachten.
Moralisch bin ich absolut davon überzeugt, aussschließlich Fair Fashion zu kaufen; jedoch hab ich nun schon mehrmals ein faires Kleidungsstück für hohe Summen gekauft und konnte es nach wenigen Malen Tragen nicht mehr sehen.
Dafür muss es doch eine Lösung geben?
Ich sehe die Punkte, die Ihr in dem Artikelaufwerft absolut, ich frage mich nur wirklich: wer soll sich dass den aktuell noch leisten können?
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