Führende Smartphonehersteller produzieren immer teurer werdende Telefone mit einer – wie es scheint – immer kürzer werdenden Lebenszeit. Das dies nicht der richtige Weg sein kann, hat SHIFT erkannt und ein modulares, nachhaltiges und faires Highend-Smartphone (das Shift6m oder auch Shiftphone 6m genannt) produziert.
Was normalerweise eine Aufgabe für Großkonzerne ist, schafft SHIFT auch als deutsches, mittelständisches Familienunternehmen. 2014 von einem Vater&Söhne-Trio gegründet, arbeitet das Shift Management mit 33 Mitarbeitern daran Technik nachhaltiger zu gestalten. Wie sie das geschafft haben und wo die Hindernisse liegen, wollten wir von CEO Samuel Waldeck wissen.
Lange Zeit gab es nur Apple, Samsung und Konsorten. Wie kamt Ihr auf die Idee ein fair produziertes Modultelefon zu produzieren?
Eigentlich ist unsere Entstehung ein im Jahr 2003 gestarteter Prozess, der über die Entwicklung von waschbaren und damit wiederverwendbaren Reinigungstüchern, von Notebooks, über professionelle Kamerakräne, bis hin zu unseren heutigen Shiftphone stetig gewachsen ist. Was damals als nebenberufliches Hobby für meinen Bruder Carsten und einen seiner Freunde begann, brachte viele Erkenntnisse und Kontakte – auch hinsichtlich des technischen Backgrounds – mit sich.
Der iCrane (Carstens Kamerakran) aus dem Jahr 2012 wurde zum erfolgreichsten europäischen CrowdFunding-Projekt auf Startnext. Es war eine tolle Erfahrung ein Produkt zu entwerfen, das ausschließlich auf der Unterstützung von Supportern beruhte und ganz ohne Investoren auskam. Auf dieser Basis beschlossen wir einen Referenzmonitor für unseren Kamerakran herzustellen, womit eigentlich die Idee des ersten Shiftphones geboren war. Nur handelte es sich zu Beginn noch nicht um ein eigentliches Smartphone, sondern um ein sieben Zoll-Phablet.
Erst während der Planungsphase zum Shift7 (dem oben angesprochenem Phablet) ist uns bewusst geworden, welcher Schaden aus der Produktion von elektronischen Teilen für uns Menschen und unsere Umwelt resultiert. Das passte nicht mehr zu den Grundmotiven unseres Unternehmens: Freiheit, Gemeinschaft und Wertschätzung. Also entwarfen wir Konzepte, die unseren Ansprüchen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht wurden. Reparierbarkeit, modulares Design, fair gehandelte Rohstoffe, Verzicht auf Coltan, möglichst wenig Gold, usw. Außerdem suchten wir nach Partnern, die in enger Zusammenarbeit mit uns eine sozialgerechte Herstellung unserer Geräte gewährleisten konnten. Seit Anfang diesen Jahres haben wir unsere eigene kleine Fertigung mit 12 Mitarbeitern in China in der die Endfertigung unserer Shiftphones stattfindet.
Deshalb haben wir uns entschlossen unsere eigene kleine Mikrofertigung in China aufzubauen, in der wir nun 12 Mitarbeiter beschäftigen.
Ihr produziert aktuell in China. Wie stellt Ihr sicher, dass die Produktionsbedingungen stets fair sind und was spricht zumindest jetzt noch gegen eine Produktion in der EU oder sogar in Deutschland?
Nachdem wir Anfangs in China mit Partnerunternehmen die Fertigung unserer Shiftphones angegangen waren, haben wir in Zusammenarbeit mit der Arbeitsrechtsorganisation TAOS Audits durchgeführt und die Mitarbeiter unserer Partner geschult. Wir haben aber gemerkt, dass es uns ein großes Anliegen ist, die Arbeitsplätze kommunikativer und arbeitnehmerfreundlicher zu gestalten. Mitarbeiter sind für uns nicht Nummern sondern Menschen mit Namen und einer persönlichen Geschichte. Deshalb haben wir uns entschlossen unsere eigene kleine Mikrofertigung in China aufzubauen, in der wir nun 12 Mitarbeiter beschäftigen.
Durch den modularen Aufbau unserer Smartphones muss die Endfertigung nicht mehr in Neonlicht beleuchteten Reinräumen stattfinden, sondern in einer kommunikativen Büroatmosphäre, mit viel Tageslicht, Pflanzen und den Möbeln mit denen wir auch unser Büro in Falkenberg einrichten würden. Kurz wir haben in der Endfertigung Arbeitsplätze geschaffen, an denen wir auch gerne arbeiten. Und das tun wir auch. Carsten ist mittlerweile bis zu 7 mal jährlich in China und nutzt die Zeit dort auch, um mit am Tisch zu sitzen und beim Zusammenbauen der Smartphones mit den Mitarbeitern zu sprechen. TAOS haben wir weiterhin mit im Boot. Sie haben uns Tipps für den Aufbau der Produktion gegeben. Journalisten können unsere Produktion besuchen und darüber berichten. Galileo Pro7 war bespielsweise schon dort und auch das ZDF hat schon dort gedreht. So viel Transparenz konnten wir mit externen Produktionen nicht erreichen.
Das Shiftphone 6m ist vor kurzem erschienen und kann in vielen Punkten mit dem iPhone mithalten. Wir sind begeistert! Was zeichnet Eurer Meinung nach das neue Shiftphone aus?
Über das Shift6m sind wir sehr glücklich. Seit knapp 4 Jahren haben wir Erfahrungen darin gesammelt unsere Phones zu reparieren. Jede Kundenreparatur bearbeiten wir bei uns im Büro in Falkenberg und konnten so viele Erfahrungen sammeln. Im Shift6m und der kleineren Variante, dem Shift5me, das Ende des Jahres erscheinen wird, haben wir diese Erfahrungen einfließen lassen. Herausgekommen ist ein vollmodulares Smartphone, dessen Komponeten einfach zu tauschen sind. Ein Tausch des hochwertigen Amoled Displays kann vom Kunde selbst zuhause erledigt werden und dauert ca. 2 Min, genauso schnell geht ein Wechsel der 21 MP Kamera und ein Akkutausch dauert nur wenige Sekunden. Insgesamt sind es über 10 Module, die getauscht und in Zukunft durch weiter entwickelte Module ersetzt werden können. Trotz eines starken Akkus mit 4200 mAh liegt das Shift6m noch gut in der Hand und vermittelt durch das schlichte Design Hochwertigkeit und Langlebigkeit. Als Betriebssystem kommt ein schlankes Android 8 zum Einsatz.
Für die Zukunft haben sich schon spannende Kooperationen ergeben.
Viele legen heutzutage großen Wert auf die Kamera. Umfragen zufolge, kann die Shiftphone-Kamera noch nicht ganz mit den Kameras großer Anbieter mithalten. Arbeitet Ihr an dieser oder gibt es gute Gründe sich weniger auf die Kamera zu fokussieren?
Die Kamera ist ein sehr wichtiger Teil eines Smartphones und ersetzt immer mehr kompakte Kameras. Das Modul, dass wir beim Shift6m verbaut haben ist mit 21MP gut ausgestattet. Wenn man weiss wie, macht das Shift6m wirklich super Bilder. Optimierungsbedarf sehen wir zur Zeit besonders in der Software und daran arbeiten wir momentan.
Für die Zukunft haben sich schon spannende Kooperationen ergeben. Die Kamera Software ist ein komplexes Feld und wir freuen uns schon auf die Hilfe erfahrener Unternehmen. Davon darf ich aber noch nicht so viel erzählen. 😉
Zeitreise: Wir befinden uns im Jahr 2119. Eure Zeit ist schon lange vorbei. Was wünscht Ihr Euch, dass Ihr dieser Welt mitgeben können. Wie hofft ihr den Telekommunikaitonsmarkt bis dahin verändert zu haben?
100 Jahre sind eine lange Zeit. Da kann viel passieren. Manche zukünftige Entwicklungen zeichnen sich schon ab. Die Digitalisierung ist in vieler Munde, Stichworte wie Industrie 4.0 und das Internet der Dinge, AI, KI, VR, AR, viele Technologien werden gerade gehyped und als Revolution verkauft. Dabei befinden wir uns noch ganz am Anfang. Eine Entwicklung aber ist sicher, wir steuern von einer teilvernetzte in eine vollvernetzte Welt. Welche Auswirkungen das auf uns Menschen und die Umwelt hat, lässt sich nur erahnen.
Wir wünschen uns, dass Menschen den Schritt in eine Vollvernetzung gestalten, die sich nicht von Macht und Geld steuern lassen, sondern deren Priorität darin liegt für die Menschen und unseren Planeten da zu sein, die das Gemeinwohl als höchste Priorität sehen. Solche Unternehmen und Institutionen gibt es und es macht uns Hoffnung einige davon kennen zu lernen und mit ihnen zusammen zu arbeiten. Meine Hoffnung ist es, dass wir als Menschheit diese Chance, die vor uns liegt, ernst nehmen und richtig handeln, damit auch kommende Generationen von den drei Werten profitieren können, die uns am wichtigsten sind: Freiheit, Gemeinschaft und Wertschätzung.
SHIFT happens!