Hannah Sartin, 33 Jahre alt, hat gemeinsam mit ihrem Mann Carlo Krauß und ihrer Geschäftspartnerin Christine Traub einen verpackungsfreien Supermarkt im Münchner Univiertel eröffnet. Sie bloggt bereits seit 2014 über Zero Waste und hat 2016 ein Buch mit dem Titel „Wie wir es schaffen ohne Müll zu leben – Zero Waste als Lifestyle“ geschrieben. Mittlerweile haben in München bereits weitere Ohne Läden ihre Tore eröffnet. Zu finden gibts bei den Unverpackt-Läden von Hannah, alles was ein herkömmlicher Supermarkt auch im Sortiment hat – nur eben ohne den lästigen Verpackungsmüll. Was Zero Waste genau bedeutet und wie sie zu Blog, Buch und Laden kam, haben wir sie gefragt.
Du bist Gründerin des ersten verpackungsfreien Supermarktes in München (Ohne-Laden). Für alle, die noch neu sind in Sachen verpackungsfreie Supermärkte: Was ist das besondere an deinem Laden?
Das besondere an unserem Laden ist, dass wir dem Endverbraucher einen Einkauf ohne Einwegverpackungen ermöglichen. Das bedeutet der Kunde kauft mit Behältnissen ein, die er in der Regel von zu Hause mitbringt. So ist er zum einen vollkommen flexibel bei der Wahl der Menge und es fällt im Anschluss kein Verpackungsmüll an. Wir bieten auch viele Kosmetikprodukte und nachhaltige Wegbegleiter für den Alltag an.
Eine lebenswerte Zukunft für alle war mir immer wichtig.
Wie kamst Du zum Thema Müllvermeidung? Gab es ein Schlüsselerlebnis? Hast du langsam umgestellt oder einen klaren Cut gemacht?
Mein persönliches Schlüsselerlebnis war sicherlich die Geburt unserer ersten Tochter. Als wir einander zum ersten Mal in die Augen sahen wurde mir diese Verantwortung die ich/wir in diesem Leben haben sehr viel deutlicher bewusst. Eine lebenswerte Zukunft für alle war mir immer wichtig, aber das eigene Kind hat den Wunsch proaktiv etwas zu verändern und in Bewegung zu bringen auf jeden Fall immens verstärkt.
Was würdest Du jemandem raten, der erste Schritte in Sachen Müllvermeidung machen möchte?
Zu Beginn rate ich immer gern dazu innezuhalten, eine Art Konsumstopp einzulegen um zu reflektieren „was habe ich bereits und was brauche ich um im Alltag glücklich zu sein“. Das erleichtert den Einstieg, weil man sich dann schon im Klaren darüber ist worauf man verzichten kann/möchte und worauf nicht.
Die Entwicklung zu Zero Waste erfolgt in der Regel schrittweise und nicht auf einen Schlag. So kann jeder für sich den idealen Weg finden und dort anfangen wo es am leichtesten fällt Veränderungen vorzunehmen.
Viele Menschen gehen davon aus, dass Einkaufen in verpackungsfreien Läden deutlich teurer ist als im normale Supermarkt nebenan. Kannst du hier einen Vergleich ziehen?
Hier kann ich nur für uns sprechen, wir sind ein zertifizierter Bioladen und von daher sicher in den meisten Bereichen hochpreisiger als der Supermarkt von nebenan. Im Vergleich zu anderen Bioläden liegen unsere Preise allerdings im Durchschnitt. Günstiger wird es vor allem bei kleineren Mengen, da man bei unserem Konzept nicht darauf angewiesen ist Standardmengen zu kaufen, sondern frei entscheidet wie viel man kaufen möchte.
Anderen Gründern würde ich dazu raten dranzubleiben und sich Zeit zu lassen bei der Konzeption.
Ein Unternehmen zu gründen ist immer schwierig. Ein grünes ganz besonders. Was waren die Herausforderungen Deiner Gründung? Was war Dein größtes Learning und was würdest Du anderen grünen Gründern raten?
Wir hatten in der Gründung sicher viele Herausforderungen, aber auch sehr viele hilfreiche und unterstützende Begleiter. Die spannendste Herausforderung für mich war sicherlich die Führung unseres Teams. In diesem Bereich gibt es so viel zu lernen und es ist ein wunderbares Gefühl in einer harmonischen Umgebung zu arbeiten.
Anderen Gründern würde ich dazu raten dranzubleiben und sich Zeit zu lassen bei der Konzeption. Wenn man genau weiß was man will, fällt es einem leichter mit Hürden umzugehen.
Wenn Du Dir ansiehst wie sich Dein Laden entwickelt, was sind die Punkte, die Du noch optimieren möchtest? Woran arbeitet ihr gerade?
Wir arbeiten seit einer Weile an Umbauplänen zur Sortimentserweiterung, das wird aber noch ein paar Monate dauern. Immer noch ein heißes Thema ist unser Lastenrad-Lieferservice, den wir aktuell nur eingeschränkt anbieten. Und dann noch die ein oder andere Sache, die jedoch noch nicht spruchreif ist.
Zu unserer letzten Frage: Wenn wir nun 100 Jahre fast forward denken und Du von oben auf die Welt hinunterschaust: Was würdest Du dir wünschen zu sehen?
Wahrscheinlich würde ich auf eine Art Postwachstums-Idyll blicken. Kreislaufwirtschaften, regionaler Konsum und Zero Waste wären längst Normalität. Die Menschen hätten begriffen dass ein achtsamer Umgang mit Ressourcen keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Alle Menschen hätten genug zu essen und die Fast Fashion Industrie wäre ein Ungeheuer der Vergangenheit.
Lust auf weitere Interviews? Spannend fanden wir auch das Interview mit Magdalena Norkauer, die in Berlin den veganen Lieferservice „Fresh Parsnip“ sowie das plant based Restaurant „Mana – Glow Food“ gegründet hat.
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